Erfolgreiche Stilmischung in Brüssel
Die Brüsseler Antiquitätenmesse vereint Händler aus zwölf Ländern in den Hallen des Brüsseler Tour & Taxis-Gebäudes. Traditionell liegen die Schwerpunkte auf Skulpturen, Moderne und außereuropäischer Kunst.
BrüsselAuch 2013 bewährt sich das Erfolgsrezept des Cross-Over der Sammelgebiete auf der Brüsseler Antiquitäten- und Kunstmesse Brafa www.brafa.be (Brussels Antiques & Fine Arts Fair), die am 19. Januar zum 58. Mal startet (bis 27.1.). Der stete Wechsel des Angebots hält die Aufmerksamkeit wach. Die Gewichtung zwischen den Sektoren scheint in diesem Jahr besonders gelungen, wenn man von der Dominanz der Malerei des 19. Jahrhunderts und der Moderne absieht.
Einen der höchsten Preise dieser Messe, einen siebenstelliger Betrag im unteren Bereich, erwartet Galerist Jörg Schuhmacher aus Frankfurt für ein relativ kleines Gemälde von René Magritte, La belle Lurette, das vermutlich von 1965 stammt. Der Titel ist eines von Magrittes typischen Wortspielen, das wörtlich Die Schöne (der) Vergangenheit heißen könnte. Der Brüsseler Silberhändler Bernard de Leye wartet mit einem Schiff aus Silber und Perlmutt mit Mechanik und Musik auf, das sich seit dem 17. Jahrhundert im Besitz der Familie Bourbon-Parme befand.
Zurückhaltende Preisauskünfte
Dass die Händler über höhere Preise nur in Ausnahmefällen Auskunft erteilen, ist typisch für die Brafa, die in erster Linie eine (oft sehr vermögende), diskrete, in Belgien lebende Kundenschicht bedient. Kaufkräftige Franzosen, Deutsche und einige Russen stellen laut Händleraussagen das nächste Kontingent. Die Brafa-Aussteller bieten gute Qualität zu sehr genau kalkulierten Preisen, wobei die Preisschere von 2.000 bis 3 Millionen Euro reicht. Der Biedermeier-Spezialist Tilman Roatzsch aus Haag (Oberbayern) verfügt z.B. über eine Wiener Biedermeier Gruppe um 1815 aus schwarz appliziertem Birnbaum, mit vergoldeten Schnitzereien: sechs Stühle, Sitzbank, Tisch und zwei Fauteuils kosten 164.000 Euro. Der Pariser Benjamin Steinitz gibt dagegen ohne Zögern 1,5 Millionen Euro für ein 157 Zentimeter hohes, exzeptionelles indo-portugiesisches Kabinettmöbel mit feinster Elfenbein-Einlegearbeit bekannt.
Skulpturen vom Mittelalter bis zum 18. Jahrhundert sind eine der Stärken der Brafa und finden sich u.a. bei Rainer Jungbauer (Straubing), der zwei Büsten, Barbara und Katharina, von Daniel Mauch aus Ulm, um 1520 mit Original-Polychromie und Vergoldung, für 120.000 Euro anbietet. Elmar Robert (Köln) setzt eine Anna-Selbdritt aus Mecheln (vor 1500) mit 32.500 Euro an. Mehrere belgische Galeristen, sowie Mulan’s aus London decken dieses Gebiet ab, das sie meist mit flämischen Altmeister-Gemälden ergänzen. Gewollt originell ist der Altmeister- Stand von Florence de Voldère (Paris), die flämische Gemälde ausleuchtet, als wären es Bildschirme.
Breit sortierte Antike
Die optisch sehr präsenten Archäologie-Galerien beleuchten dagegen ihre antiken Skulpturen und Fundstücke extrem subtil. Ägypten ist in diesem Jahr stark vertreten, z.B. bei Roswitha und Antonia Eberwein (Göttingen/Paris), die einen Sarkophag aufstellen. Phoenix Ancien Art (Genf) verfügt über ein ägyptisches Kalk-Relief-Fragment, das neben einem Priester alle Grabbeigaben grafisch auflistet. Ein Interessent müsste dafür 450.000 Euro aufwenden.
Die meisten Tribal-Art Händler präsentieren ihre Objekte, deren Anzahl sie diesmal bewusst niedrig halten, in dunklem Ambiente. Alain de Monbrison (Paris) zeigt eine der hochpreislichen Fang-Skulpturen mit der Opferkruste, Jacques Germain (Montréal), eine besonders schöne Punu-Maske, Serge Schoffel achtzehn Masken des Bete-Stammes von der Elfenbeinküste.
Wegen der für Ende März angesetzten Versteigerung der präkolumbischen Kunst von Barbier-Mueller gilt der Galerie Mermoz (Paris) besondere Aufmerksamkeit. Ihr Eigentümer Sandro Micali preist eine gut 60 Zentimeter hohe Fruchtbarkeitsgöttin der mexikanischen Zivilisation Tlatilco (1150 – 900 v.Chr.) aus rötlicher Keramik mit 150.000 Euro aus. Von Mexiko geht der Sprung in ein deutsches Kloster, wo die erste deutsche Dichterin Roswitha von Gandersheim lebte. Das Antiquariat Thomas-Scheler (Paris) hat die Erstausgabe ihrer Schriften (Opera) von 1501 für 50.000 Euro im Angebot. Von den acht Holzschnitten sind zwei Albrecht Dürer zugeschrieben.
Der Standplan der Brafa ist so angelegt, dass man stundenlang kontinuierlich derartige Sprünge über Kontinente und Jahrhunderte macht. Darin liegt der Charme dieser Messe.